Chaotisch, IT-fokussiert, Allheilmittel, schnell, unkontrollierbar - 5 Agile Mythen
12. April 2022Zum Begriff Agiler Transformationen herrschen widersprüchliche Auffassungen. Nur eines ist klar: Agilität bietet Unternehmen Flexibilität und damit mehr Anpassungsfähigkeit bei volatilen Umweltbedingungen. Wir räumen mit den agilen Mythen auf und geben Klarheit.
Mythos 1: Agilität ist chaotisch
Die dezentral verteilte Verantwortung lässt viele Manager vor agilen Methoden zurückschrecken. Die tiefgreifende Veränderung, die eine agile Transformation für hierarchisch klar gegliederte Unternehmen mitbringt, geht einher mit der Furcht vor Kontrollverlust und Verantwortungs-Chaos. Doch zu Unrecht: echte, organisationsweite Agilität verbindet Stabilität mit Dynamik. Es herrscht eine große Transparenz über Zuständigkeiten und Befugnissen; Risiken werden von den Teams selbstständig und frühzeitig erkannt und beseitigt. Agile Frameworks sind durch klare Strukturen und Verantwortlichkeiten geprägt. Nur wenn diese Regeln befolgt werden, entfaltet Agilität ihre volle Wirkung und endet nicht im Chaos. Die dynamischen Praktiken der Agilität können allerdings nur skaliert werden, wenn sie von einem stabilen Rückhalt im Management gestützt und gelebt werden.
Mythos 2: Agilität ist nur etwas für die IT
Der Ursprung agiler Arbeitsweisen liegt in der Software-Entwicklung. Das bedeutet aber nicht, dass ihre Anwendung auf informationstechnische Aufgabenfelder beschränkt ist. Im Gegenteil profitieren agile Organisationen in vielen Branchen nachweislich von ihren Vorteilen: Sie arbeiten schneller, kosteneffizienter und agieren wettbewerbsfähiger, gleichzeitig kommen sie zügiger zu funktionierenden Lösungen. Überall, wo schnelle Reaktions- und Anpassungsfähigkeit und schnelle Entwicklungsprozesse mit kurzen Time-To-Markets gefragt sind, lohnt sich der Blick auf Agilität. Dennoch: Der Wert agiler Ansätze wird in einigen Bereichen größer sein als in anderen. Prüfen Sie also genau, welche Bereiche am meisten von einer Transformation profitieren werden.
Mythos 3: Agilität ist die Lösung für jedes Problem
Der Hype um agile Arbeitsweisen und ihr nachgewiesener Erfolg führt bisweilen dazu, dass Agilität als universeller Heilsbringer gesehen wird. Doch Agilität ist kein Allheilmittel und eine agile Organisation ist nicht vor Misserfolg und Scheitern gefeit. Ein zentraler Baustein der agilen Transformation ist stets die Vorüberlegung, wo und wofür Agilität eingesetzt werden soll. Ihre Vorteile liegen in der Anpassungsfähigkeit an schnell wechselnde Umweltbedingungen oder in der schnellen Entwicklungsfähigkeit bei unsicheren Marktlagen. In dem Zusammenhang wird häufig von VUKA-Welten gesprochen: Volatile, unsichere, komplexe und ambivalente Geschäftswelten. Agilität spielt ihre Vorteile in kreativen Umfeldern aus; bei routinierten, gut bekannten Aufgaben mit klar verteilten Rollen und leicht erlernbaren Tätigkeiten ist Agilität hingegen häufig fehl am Platz. Problemstellungen sollten daher auf ihre Komplexität und Ausprägung untersucht werden, um zu entscheiden, ob Agilität die richtige Antwort ist.
Mythos 4: Agile Transformationen sind schnell umgesetzt
Agile Transformation ist nicht gleichbedeutend mit schneller Transformation: Sie dauern in der Regel ein bis drei Jahre. Statt per Stichtag die ganze Organisation auf den Kopf zu stellen, sollte sie schrittweise über einen Lernprozess transformiert werden. Essentiell ist hier die Entwicklung des agilen Mindsets der Mitarbeiter und das Ausräumen von Bedenken und Vorurteilen bei bisherigen Entscheidungsträgern. Die ersten Vorteile zeigen sich zwar schnell, doch die Skalierung auf volle, unternehmensweite Agilität braucht Zeit und kann nicht erzwungen werden. Eine Organisation wird nicht agil und bleibt es dann: Die Entwicklung agiler Praktiken ist ein nie endender Reifeprozess in der Führung und auf der Arbeitsebene.
Mythos 5: Hilfe, meine Rolle als Manager wird überflüssig!
Eine agile Transformation ist ein Change-Prozess, der Verantwortung und Zuständigkeiten neu verteilt. Das schafft Vorbehalte und Ängste rund um den vermeintlich drohenden Kontroll- und Bedeutungsverlust. Doch das Management in agil geprägten Unternehmen wird keinesfalls überflüssig. Nur ihre Rolle verändert sich: Weg von dem Führungsverständnis des “Command & Control” mit Zielvorgaben und Kontrolle, hin zu einem Selbstverständnis als Coach, Wertevermittler und strategischer Impulsgeber: Führung im wörtlichen Sinne der Begleitung, nicht des Befehligens. Der Manager delegiert vertrauensvoll Verantwortung und Entscheidungen im Sinne der Organisation “nach unten”: dorthin, wo die meisten Erfahrungen und Informationen vorliegen und die Auswirkungen von Entscheidungen unmittelbar gespürt werden. Die Teams verfolgen eine konsequente Selbstorganisation mit eigener Entscheidungsmacht. Es ist die Aufgabe des Managers, die Bedeutung der agilen Transformation für das Unternehmen vorzuleben und im Unternehmen anzutreiben.
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